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Leserbrief, DER SPIEGEL, 14/2015, „Ungenügend“

30. März 2015

 

– DER SPIEGEL, 14/2015, „Ungenügend“
 

Leserbrief B. Bührlen: 

Sehr geehrte Damen und Herrn der Redaktion,

in Ihrem Artikel „Ungenügend“ (Spiegel 14/2015, S.63/64) nehmen Sie zum Thema Zukunft der Bewertungssystems der Versorgung Pflegebedürftiger Menschen  in Heimen Stellung.

Sie beschreiben die Entstehung des Pflege TÜV s, wer die politischen Väter und Mütter dieser Idee waren und, was oberflächlich gesehen, wo im Argen liegt.

Leider lassen Sie völlig ausser Acht, dass die Pflegewirtschaft eine relevante Säule der deutschen Wirtschaft geworden ist, dass Pflege ein Geschäft sowohl für Kassen, als auch für Pflegeanbieter jeglicher Couleur ist. 
Was Sie nicht thematisieren, ist die verursachende „Krankheit“, die die von Ihnen beschriebenen Symptome erzeugt: Bei Einführung der Pflegeversicherung wurden wir Bürger im Falle eines Hilfsbedarfes in die freie Wirtschaft „outgesourced“. Angebot und Nachfrage sollten die Qualität bestimmen.
Es wurde keine fürsorgliche Kontrolle für das ganzheitliche Wohlergehen von Mitmenschen mit Pflegebedarf vorgesehen. Wir Bürger wurden von der Politik  in die freie Wirtschaft verkauft, für uns gibt es keine verfasste unabhängig kontrollierende Lobby.
Wir Bürger haben bislang versäumt, für uns selbst eine Lobby zu bilden und als Auftraggeber und Finanziers der Pflege ein Gegengewicht zu wirtschaftlichen und machtpolitischen Interessen zu bilden.
Wo bleiben unsere Gelder, wer kontrolliert den Verbleib?
2013 hat Transparency Deutschland in einer Schwachstellenanalyse dieses Thema aufgegriffen.
2011 wurden die Verhältnisse in der Pflege in Deutschland vom UN-Ausschuss für wirtschaftliche, soziale und kulturelle Angelegenheiten mit „tiefer Besorgnis“ wahrgenommen und bewertet. 

Wir sind in erster Linie in unserer Bürgerfunktion  gefragt, nicht in unserer beruflichen Interessen verhafteten Lobbyfunktion.
Wir Bürger müssen darauf bestehen, dass wir als Auftraggeber  eine solche Pflege nicht akzeptieren.
Wir müssen uns einmischen und eine Lobby kommunal, regional und überregional für uns selbst und unsere Nächsten bilden.
Das sollte eigentlich normal sein. In anderen Bereichen unseres Lebens tun wir das doch auch:
Was sind wir uns eigentlich selbst noch wert, wenn wir hilfsbedürftig geworden sind?   

Bei einer künftigen Behandlung des Themas würde ich mir mehr „Tiefgang“ und mehr grundsätzliche Auseinandersetzung mit Ursache und Wirkung, mit Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft der Pflegesituation wünschen.
Wir sitzen vergleichsweise nicht mehr im Führerhaus eines fahrenden Zuges, wir stehen auf den Gleisen und sehen kaum noch die Lichter des abgefahrenen Zuges.
Aber damit sage ich Ihnen ja sicherlich nichts Neues.
 
Mit besten Grüßen,
Brigitte Bührlen